Barfuss-Geschichte

Endlich Urlaub. Den Wald, die Ruhe, einfach die Natur genießen. Die Seele baumeln und den sonst so aktiven Geist zur Ruhe kommen lassen.

Los geht´s zur Tagestour, eine Mühlenwanderung. Alles ist perfekt: Der Tag, die Zeit, das Wetter. Alles passt. Wir werden mitgenommen zum Wanderparkplatz im Wald. Das Auto darf mal stehen bleiben. Schon nach ein paar Schritten drückt mein rechter Wanderschuh. Was soll das denn? Eigentlich sind die Schuhe längst eingelaufen und haben schon so Einiges mitgemacht. Na ja, das vergeht, nicht dran denken. Socken glattziehen. Schuh neu schnüren. Weiterlaufen. Wegmeditieren. Nichts hilft. Es wird immer schlimmer anstatt besser. Langsam werde ich ärgerlich, denn weiterlaufen ist schier unmöglich. Was soll das denn heute? Alles schien doch so perfekt. Kein Auto oder Bushaltestelle in der Nähe, um zurück zu fahren. Wir sind mitten im Wald. Ich ziehe den Übeltäter-Schuh nochmals aus und vor Ärger, Wut und Ratlosigkeit stampfe wie das Rumpelstilzchen im Wald herum. Endlich halte ich inne und höre auf, mich aufzuregen. Über wen eigentlich? Ich bin nun still und nehme die wärmende Sonne und den Waldboden unter meinen Füßen wahr. Die Ruhe, wohlige Wärme, pieksende Tannennadeln, ein Zapfen und ein Ast, der drückt und im Wege liegt. Innere Ruhe und Frieden stellen sich ein. Nach ein paar Minuten der Besinnung ist klar: „Ich lauf einfach barfuss weiter“. Die zusammen geschnürten Wanderschuhe über der Schulter geht es los:

Ein grob geschotteter Waldweg, Wurzeln, Zweige, Nadeln, stachelndes Gebüsch und Gestrüpp fordern volle Aufmerksamkeit beim Laufen. Es geht langsam vorwärts, viel langsamer als ursprünglich geplant. Aber es ist in Ordnung, völlig in Ordnung. Es macht sogar Spaß. Hin und wieder halte ich inne und schaue mich um. Zeit, die Umgebung und die Schönheit der Natur wahrzunehmen und nach dem besten Weg für meine nackten Füße Ausschau zu halten. Mein Weggefährte, ebenfalls barfuss, läuft am Wegesrand, ich mitten im Wald. Jeder entscheidet für sich und nimmt den Weg, den er für SEINE nackten Füße, ja für sich selbst braucht. Weiter geht es über sumpfige und matschige Wiesen und Weiden. Wir genießen die kühlende Nässe und freuen uns wie kleine Kinder über unsere schlammigen Füße und Beine. Der Tag neigt sich zu Ende und unsere Tour auch. Es war eine völlig andere Tagestour, viel kürzer als geplant und doch wunderschön. Einfach anders perfekt. Und was ist schon perfekt?